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Sonderausstellung

BÄRBEL KUNTSCHE

06.08.2024 - 15.09.2024

MALEREI & GRAPHIK

Ausstellung aus Anlass des Jubiläums 100 Jahre Weinbaumuseum Hoflößnitz

 

Botschaften seelischen Feingefühls

Zum Schaffen der Malerin Bärbel Kuntsche

Viel Nachdenkliches, aber auch Melancholisches, beherrschen die Werke von Bärbel Kuntsche. Und man könnte vielleicht darin einen ganz privaten Pessimismus entdecken, ein »Sich-Suchen« und ein »Sich-Finden«. Ähnlich Schwermütiges entdecken wir im Schaffen von Edvard Munch. Vielleicht hat dessen symbolistische Gestaltungsweise die künstlerische Anschauung von Bärbel Kuntsche sogar befruchtet, die überströmende Liebe zu den Dingen des Lebens und die großartige Hingabe an das Geschöpfliche.

Ihre Bildnisse bezeichnen unverkennbar die eigene Person, auch wenn physiologische Anhaltspunkte nur ganz sparsam zu erkennen sind und auch eher allgemein vom Menschsein zu sprechen wäre. Zeichen der Geworfenheit mithin! Uns scheint etwas Skeptisch-Trauriges in der Kunst von Bärbel Kuntsche zu liegen, wohl zuweilen da und dort auch Abgründiges und Hinterlistiges. Und die Holzschnitte zum Beispiel können als Schriftzeichen nachdenklichen Wissens gedeutet werden. Selbstbildnisse erscheinen bei ihr mit existenziellen Aussagen. Über sich zu Gericht sitzen auf der Suche nach dem Unverwechselbaren! Das Unerforschte aufspüren, sehr sachlich, ja geradezu nüchtern und prosaisch. Im Holzschnitt so, aber auch in ihrer Malerei, wo ihr eine herbe, mürbe, ja dürftige Farbgebung genügt, wenn sie der empfindsamen und verletzlichen Seele nachspürt und wohl ihre Rüstung mit grobem Humor und paradoxem Witz durchbricht. Es ließe sich vielleicht hervorheben, dass dies chiffrierte Botschaften seelischer Sensibilität sind.

Und dann sind in ihren Werken auch Hände mit im Spiel, große Hände, die wie Embleme ins Bild treten. Solche Hände sind nicht kosmetisch geformt, aber sie haben Kraft, und von ihnen geht ein positiver Erwartungseffekt aus. »Im Traum nach vorwärts«, wie der Philosoph Ernst Bloch sagt. Keine bloße selbstzuständliche Gemütsbewegung, sondern etwa »Aufdämmerndes«. Die Hand verweist auf Zeugenschaft, wie in christlichen Bildwerken. Wir wissen ja, wie Rodin Hände modellierte, als Ausdruck menschlicher Empfindungen, ja, als Zeichen menschlicher Verwundbarkeit und Hoffnungsbedürftigkeit. Es ist freilich eine bildhafte archaische Gestik darin. Rembrandt und Picasso haben sie beherrscht. Ein Widerschein mithin auch bei Bärbel Kuntsche? Und man könnte auch an Paula Modersohn-Becker denken. Wie sie beispielsweise die Hand ans Kinn führt. Die Hand von größter symbolhafter Expressivität!

Porträts sind bei Bärbel Kuntsche wohl auch »versteckte« Selbstbildnisse. Verinnerlichte Menschzeichen! Formal greift sie auf die Dresdner Brücke zurück. Auf Ernst Ludwig Kirchner oder Emil Nolde! Figurenbilder außerhalb von Zeit und Raum! »Jenseits von Verstand und Wissen«, wie Nolde einmal sagte. Selbstbegegnung und Selbstbefragung, Stellungnehmen zur eigenen Befindlichkeit! Bärbel Kuntsche teilte lange Zeit das Schicksal einer Reihe von Künstlern hierzulande, die Isolation, in die man geriet, wenn man sich den geforderten »Mythen« der Arbeit in einem vermeintlichen sozialen Realismus entzog. Man hielt sich da an den Dresdner Hans Jüchser oder an Otto Niemeyer-Holstein am Achterwasser und suchte die Kommunikation mit Individualisten, um jeglicher Vereinnahmung die Stirn zu zeigen.

»Jede Ästhetik, die den Menschen versteckt, ist uninteressant.« So apodiktisch hat sich der Theatermacher George Tabori geäußert. Aller Anfang der Kunst, so meint er, besteht darin, auf den Menschen zuzugehen. Für Bärbel Kuntsche eine unumstößliche Maxime, und für sie wohl auch eine elementare soziale Verpflichtung.

Gert Claußnitzer (†)

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V.)


Bärbel Kuntsche

  • *1939 in Weißenborn/Sa.
  • 1953/62 Ausbildung und Arbeit als Kunstporzellanmalerin in Meißen
  • 1962/66 Studium der Malerei/Graphik an der HfBK Dresden
  • 1966 Diplom, Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR
  • 1967/69 Aspirantur an der HfBK Dresden
  •  seit 1969 freiberuflich tätig in Dresden und Radebeul
  • 1970 erste Holzschnitte
  • 1980 intensive Hinwendung zur Malerei
  • 1989 Mitbegründerin der Dresdner Sezession 1989 e.V.
  • 1990 Mitglied im Sächsischen Künstlerbund e.V.
  • 1991/97 Tätigkeit im Kulturamt Dresden, Referat Bildende Kunst
  • seit 1997 wieder freiberuflich tätig als Malerin/Graphikerin
  • 2005 Kunstpreis der Großen Kreisstadt Radebeul
  • lebt und arbeitet in Radebeul

Ausstellungen (Auswahl):

  • Ausstellungen und Beteiligungen seit 1967 im In- und Ausland u.a. in Dresden, Radebeul, Chemnitz, Kamenz, Bautzen, Erfurt, Rostock, Berlin, Leipzig, Erlangen, Göttingen, Hamburg, Braunschweig, München, Salzburg, Leningrad, Sofia, Paris, Haren (Groningen), Grey Art Gallery New York
  • Kunstausstellungen der DDR in Dresden 1967/68, 1972/73, 1987/88
  • Bezirks­kunstausstellungen in Dresden
  • 100 aus­gewählte Graphiken der DDR 1982, 1986–1990
  • 100 säch­sische Graphiken Chemnitz 1998, 2000, 2002, 2004
  • Ausstellungen der Dresdner Sezession 89 e.V.

Arbeiten in öffentlichen Sammlungen:

  • Brandenburgische Kunstsammlung Cottbus
  • Kunsthalle Rostock
  • Staatliche Galerie Moritzburg, Halle/Saale
  • Kunstfonds Berlin
  • Kunstfonds des Freistaates Sachsen
  • Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett
  • Galerie für Gegenwartskunst Chemnitz
  • Städtische Galerie Dresden und Kunstsammlung
  • Städtische Kunstsammlung Radebeul


Lesen Sie als PDF: Worte von Dr. Ingrid Koch, Dresden, zur Ausstellungseröffnung Bärbel Kuntsche, Weinbaumuseum Hoflößnitz am 04.08.2024

 

Kontakt

Sächsisches Weinbaumuseum

0351 / 839 83 31
info@hofloessnitz.de

Öffnungszeiten

Di – So von 10 bis 18 Uhr

Eintritt 3,50 € pro Person
ermäßigter Eintritt: 2,50 € pro Person
Kinder bis 12 Jahre: Eintritt frei

Öffentliche Führungen

April bis Oktober Sonn- u. Feiertag 11 Uhr Sonderführung

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